Amberger Zeitung 01.01.2025 von Andreas Ascherl

Alle Jahre wieder gehört am letzten Tag des Jahres das Amberger Stadttheater dem Silvesterkonzert der Amberger Sinfoniker. Das war auch in diesem Jahr so. Und es war wieder gut so.

Warum besucht man eigentlich das Amberger Silvesterkonzert? Man könnte ja auch gemütlich mit Freunden um einen Tisch sitzen und von alten Zeiten plaudern. Oder in Trainingshose und Filzpantoffeln auf dem Sofa liegen und im Fernsehen einen Jahresrückblick schauen. Doch stattdessen schälen sich Jahr für Jahr zahlreiche Menschen in feinen Zwirn, setzen ihr Gute-Laune-Gesicht auf und hören klassische Musik im Amberger Stadttheater. Das für diesen letzten Abend im Jahr immer sehr schnell ausverkauft ist, so dass man ohnehin schauen muss, dass man noch ein paar der sehr begehrten Tickets bekommt.

Wir ahnen schon, die Einheitsantwort wird es nicht geben. Manche kommen tatsächlich, weil sie das seit Jahrzehnten so tun. Andere wollen sehen und gesehen werden beim silvesterlichen Schaulaufen in Saal und Foyer. Und wieder andere – und das dürfte die überwiegende Mehrzahl der Besucher sein – gehen einfach hin, weil es dort eine Garantie auf herausragende Musik gibt. Denn Jahr für Jahr probt das Amberger Sinfonieorchester – ja so etwas existiert tatsächlich – mit seinem Leiter Thomas Appel locker leichte, schwere und sehr schwere Stücke der klassischen Orchesterliteratur ein, um dem Amberger Publikum zu gefallen.

Die Hits in der Oper 

Oft sind es Ouvertüren großer aber auch nicht so bedeutender Opern, die in rund zehn Minuten ein musikalisches Inhaltsverzeichnis des dann eigentlich folgenden Hauptwerks geben. Das eignet sich natürlich hervorragend für ein buntes Silvesterkonzert, in dem die Zuhörer gerne ein farbenfrohes Potpourri schöner Melodien und natürlich auch gerne alle „Hits“ hören, die so eine Oper ja zu bieten hat. Thomas Appel hatte diesmal unter anderem die Ouvertüren aus Felix Mendelssohns „Die Hochzeit des Camacho“, aus Jacque Offenbachs „Die schöne Helena“ und „Wilhelm Tell“ von Gioachino Rossini ausgesucht. 

Das heißt jetzt nicht, dass das Amberger Sinfonieorchester einen Mix seichter Melodien präsentiert hat. Im Gegenteil. Das Orchester, das hauptsächlich aus Musikern anderer Orchester besteht und nur ein paar Mal im Jahr zusammenkommt, hat sich in diesem Jahr wieder einmal selbst übertroffen. Und es war Dirigent Thomas Appel förmlich anzusehen, mit welcher Freude er „seine“ musikalischen Mitstreiter durch die selbst schwierigsten Stellen zu führen wusste. Die Einsätze saßen, die solistischen Ausflüge zeigten großes Können und das Orchester präsentierte sich als das, was es von der Grundidee her ja schon ist: eine große Einheit.

Stargast Sandro Hirsch 

Wie in jedem Jahr hatten sich die Amberger Sinfoniker wieder einen externen musikalischen Gast eingeladen. Gemeinsam mit Trompeter Sandro Hirsch nahmen sie sich das Konzert für Trompete und Orchester in Es-Dur von Johann Nepomuk Hummel vor. Hummel hat dieses Konzert einst für den Wiener Hoftrompeter Anton Weidinger geschrieben, der einer der ersten überhaupt war, der die Trompete – damals noch durch eine Klappentechnik – befähigt hat, nicht mehr nur die Naturtöne sondern alle Töne spielen zu können. Keine Frage, dass der gute Hummel gleich einmal ausprobiert hat, was da so möglich ist. Technisch gesehen. Für Sandro Hirsch, den sympathischen Schlacks im blauen Anzug, stellten die musikalischen Hummel’schen Verwindungen kein sehr großes Problem dar. Schließlich ist der junge Mann ein absoluter Überflieger an seinem Instrument. Nicht nur, dass er den Wettbewerb „Jugend musiziert“ gleich vier Mal mit Höchstpunktzahl gewonnen hat. Schon sein erster Job nach dem Studium war die Stelle eines Solotrompeters bei der Bamberger Symphonikern. Inzwischen bekleidet er diese Stelle beim Beethovenorchester in Bonn, hat einen Lehrauftrag und tut darüber hinaus auch noch viel Gutes in der Welt. Versteht sich, dass er zusätzlich noch mit modernen, elektronischen Tönen experimentiert. Und so hat er sich wirklich jede Sekunde des Applauses verdient, mit dem ihn die Amberger bedacht haben.

Zum Schluss der Radetzky-Marsch 

Viel zu schnell ging es wieder durch ein abwechslungsreiches Silvester-Programm. Nachdem die letzten Töne von John Williams „Highlights from Jurassic Park“ verklungen waren, gab es die seit Jahrzehnten vom Amberger Publikum gewünschte und geforderte Zugabe: den Radetzky-Marsch von Johann Strauss Vater. Da wurde dann noch einmal geklatscht und getrampelt und in bester Stimmung gingen die Besucher heim, um möglicherweise doch noch mit ihren Lieben zusammenzusitzen und auf das neue Jahr zu warten. Oder sich in bequemen Jogging-Klamotten aufs Sofa zu flätzen und von einem absolut gelungenen Silvester-Konzert 2024 zu schwärmen. Denn das war es in diesem Jahr wieder. Ohne Abstriche.