Amberger Zeitung 01.04.2024

von Autor COG

Vor 250 Jahren galt Gottfried August Homilius als der beste Kirchenkomponist Deutschlands, wurde im 19. Jahrhundert aber weitgehend vergessen. Der Amberger Oratorienchor ermöglichte jetzt Musikfreunden die Wiederentdeckung.

Mehr als 50 Sängerinnen und Sänger, ein Orchester mit über 20 Musikern und vier Vokalsolisten füllten die große Bühne im Amberger Kongresszentrum, um unter der Leitung von Thomas Appel die Zuhörer musikalisch durch das Leiden Jesu zu führen. Die Passionskantate von Gottfried August Homilius verwendet dabei nicht die biblischen Verse, sondern Texte in freier Dichtung. Entsprechend seiner Epoche, der Empfindsamkeit, stellt Homilius der Geschichte von Gefangennahme, Folter und Tod das Mitleiden der Gläubigen gegenüber, den Ausdruck der mitempfundenen Qual und die Reue der Sünder.

Wie bei allen Laienchören sind auch beim Oratorienchor die hohen Stimmen deutlich stärker besetzt als die tiefen. Appel hatte deshalb die Männer in die Mitte gestellt, sodass sie gut zur Geltung kamen und der Oratorienchor ein harmonisches, ausgewogenes Klangbild brachte. Besonders schön war der Chorklang bei den Chorälen. Gerade bei leiseren Passagen erreichten die Sängerinnen und Sänger eine fast vibrierende Intensität. Aber der Chor überzeugte auch bei kraftvollen, leidenschaftlichen Sätzen wie Nr. 13, einer ausdrucksstarken Klage über die menschlichen Missetaten. Die heftige Bewegung ergriff die Zuhörer.

Leichtfüßig und expressiv

Vier Vokalsolisten ergänzten den Chor mit Rezitativen und Arien. Santa Karnite beglückte mit ihrer jugendlich-frischen Sopranstimme. Auch in den höchsten Höhen war sie warm und wohlklingend und sang die Koloraturen leichtfüßig und expressiv. Katharina Heiligtag verzauberte mit ihrem sehr klangschönen Alt. Elegant, kultiviert und flexibel erfüllte ihre Stimme den Saal. Der Tenor von Victor Schiering war in der mittleren Lage kräftig und erfreute mit guter Textverständlichkeit.
Vom dunkelsten Grollen bis zu dramatischem Schmerz in Satz 14 drückte der Bass Wiard Witholt alle Emotionen aus. Kraftvoll, leidenschaftlich und dann wieder innig machte er die Passion zu einem ganz unmittelbaren Erlebnis. Die Streicher, Holzbläser und der Organist des Amberger Sinfonieorchesters waren bestens disponiert. Einfühlsam begleiteten sie den Chor und die Solisten. Appel achtete sorgfältig darauf, das Orchester stets in einer dienenden Rolle zu halten. So setzte er die Sänger ins beste Licht und unterstrich ihre Aussage. Mit großen Gesten und vollem Körpereinsatz verband er Chor, Orchester und Solisten zu einem vollendeten Ganzen.

Stürmischer Applaus

Die Passionskantate ist eigentlich Musik für den Gottesdienst. Hier erklang sie zwar im Konzertsaal, war aber mehr als nur ein musikalisch gelungenes Konzert, sondern zugleich eine bewegende Meditation über menschliche Schwäche, die Unfähigkeit zum Guten und die Dankbarkeit für Erbarmen und Gnade. Mit langanhaltendem, stürmischem Applaus dankte das Publikum dem Oratorienchor.

Hintergrund:

Gottfried August Homilius

  • Geboren am 2. Februar 1714 in Rosenthal (Sachsen), gestorben am 2. Juni 1785 in Dresden.
  • Homilius studierte Jura in Leipzig und war Organist in der Nikolaikirche.
  • Ab 1742 war er Organist an der Dresdner Frauenkirche.
  • Homilius hat überwiegend Kirchenmusik komponiert.