Amberger Zeitung – 18.04.2022 (Autor: MSC)

Der Amberger Oratorienchor sorgte für eine Erstaufführung in Amberg: „Der Tod Jesu“, ein Oratorium von Carl-Heinrich Graun für Soli, Chor und Orchester, stand am Karfreitag unter der Leitung von Thomas Appel im ACC auf dem Terminplan.

Unter der Leitung von Thomas Appel bot der Oratorienchor mit Unterstützung des Sinfonieorchesters das Oratorium "Der Tod Jesu" von Carl-Heinrich Graun. Bild: Stephan Huber

Mut und musikalisches Fingerspitzengefühl bewiesen Thomas Appel und der Amberger Oratorienchor mit der Aufführung des Oratoriums „Der Tod Jesu“ von Carl-Heinrich Graun. Eine Komposition, so alt wie die Bach’schen Passionsmusiken und -oratorien, aber tief im musikalischen Vergessen vergraben.

Umso verdienstvoller ist dieser Auftritt am Karfreitagabend im Amberger Kongresszentrum mit dem Amberger Oratorienchor und dem Amberger Sinfonieorchester unter der Leitung von Thomas Appel. Zusammen mit den vier hervorragenden Solisten Santa Karnite mit klar-leuchtendem Sopran und Katharina Heiligtag mit fein- schimmerndem Mezzosopran, Philipp Fischer mit stahl-hellem Tenor und Wiard Witholt mit geschmeidig-fokussiertem, wendigen Bariton setzten sie mit Grauns Passionskantate „Der Tod Jesu“ neue Gefühlsmomente.

Nicht Wut und Zorn

Nicht Wut und Zorn wie bei Bach, sondern viel Einfühlungsvermögen und musikalisch behutsame Umsetzung der individuellen Betrachtung des Geschehens dominieren. Beinahe beschwingt ist die Linienführung der feinen Melodik in den Soli und im Chor, unaufgeregt natürlich die Musik, transparent-klangschön das Zusammenspiel von Chor, Orchester und Solisten. Maestro Appel arbeitete auf beeindruckende Weise die Stärken der Partitur heraus, führte die Klangelemente mit großer Entschiedenheit zusammen und lieferte einen Abend voll schlichter Schönheit und besinnlicher Momente. Auch wenn der Text von Karl Wilhelm Ramler nicht den modernen Ansprüchen genügt, die Musik Grauns trifft in ihrer Gefühlstiefe und Interpretationsvielfalt den Nerv der Zeit. Heute mehr denn je.

Der Amberger Oratorienchor habe es sich „sehr lange auf die Fahnen geschrieben, nicht immer nur die bekannten Evergreens aufzuführen, sondern auch gerade diese Stücke, die eher selten Aufmerksamkeit bekommen, oder auch neue und unbekannte Stücke, die lange in den Archiven geschlummert haben,“ erläutert stellvertretende Vorsitzende Katrin Lutter. Und weiter: „Der Schwierigkeitsgrad des Stückes ist nicht nur dadurch gegeben, dass es unbekannt ist. Alle Beteiligten, sowohl Chor als auch Solisten und Orchester, mussten sich ordentlich ins Zeug legen und hatten einen gewaltigen Probenaufwand.“ Im Chor sei seit Januar auch mit Sonderproben am Wochenende dieses Stück so vorbereitet worden, „dass alle jetzt alles wirklich gut können“. Aber: „Alle haben den Mehraufwand mit Freude getragen und trotzdem – oder vielleicht auch gerade deshalb – freuen sich alle sehr auf das Konzert.“

Harmonische Einheiten

Der Aufwand hat sich gelohnt. Die Freude und Begeisterung sind hörbar, die Texte kommen gut verständlich, die Melodien fließen, die Stimmen flechten sich gut in die Orchesterbegleitung. Auch hier ist die feine Abstimmung zwischen den einzelnen Akteuren ein Hauptthema. Streicher, Cembalo, Cello, Bläser, Sänger bilden eine harmonische Einheit.

„Obwohl das Stück recht anspruchsvoll ist, hört man die Schwierigkeit nicht gleich heraus. Das Stück hört sich wunderbar leicht an“, sagt Katrin Lutter. Rückblickend berichtet sie von den Schwierigkeiten während der Pandemie. Wenn die Zahl der Aktiven auch etwas gesunken sei („Wir werden mit etwa 40 bis 45 Mitwirkenden dieses Konzert singen“), so seien Engagement und Gemeinschaft auf jeden Fall gestiegen. Ihr Blick nach vorne: „Bei Graun steht nicht so sehr der Tod im Vordergrund, viel mehr geht es hier um die Erlösung. Man merkt dem Stück an, dass es sehr positiv gedacht ist. Wir wollen genau diese Leichtigkeit und positive Energie am Karfreitag den Gästen auch mit nach Hause geben.“

Musikalisch souverän und empathisch steuerte Thomas Appel durch den Abend und führte Gesangssolisten, Orchester und Chor bei dieser Amberger Erstaufführung auf ein hohes Niveau. Nach kurzen Sekunden des Schweigens brach jubelnder Applaus los.