Mittelbayerische  –  09.12.2014

Ambergs Oratorienchor und Sinfonieorchester unter der Leitung von Thomas Appel
wurden Bachs Weihnachtsoratorium voll gerecht.

Von Christina Röttenbacher

Amberg So facettenreich und ausdrucksvoll, berückend schön und intelligent interpretiert wie vom Amberger Oratorienchor und dem Amberger Sinfonieorchester unter der Leitung von Thomas Appel – so könnte man das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach immer wieder und immer wieder mit Begeisterung hören.

Die Aufführung des Weihnachtsoratoriums im ACC hatte Sternstundenpotenzial – nicht zuletzt wegen der ausführenden Solisten, der Sopranistin Saskia Steinfeld, der Altistin Charlotte Quadt, des Tenors Klaus Steppberger und des tiefgründigen Basses von Thomas Dobmeier. Schon beim überzeugenden Eingangsimpuls durch den Chor „Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage“ wurde klar: Hier wird das Oratorium nicht „aufgeführt“, es wird zelebriert – mit Inbrunst und in einer Geschlossenheit, die das Heilsgeschehen doch nicht aufdrängten, sondern Bachs insgesamt ja sechsteiliges Werk mit gebotenem Respekt modulierte.

Die Solisten bekamen Raum

Bei diesem Konzert stellte der „AO“ nach fast 15 Jahren wieder einmal die selten aufgeführten Kantaten 4 bis 6 in den Mittelpunkt. Selten dürfte man Bachs Weihnachtsoratorium so berückend schön, gehaltvoll und harmonisch im Zusammenspiel gehört haben. Ohne sich von Affekten hinreißen zu lassen, erzielte der Amberger Oratorienchor eine stets flüssige und gehaltvolle, homogene und elastische Darstellung des Heilsgeschehens. Dabei achtete der Dirigent auf ein durchgehend straffes Tempo und schattierten Klang seines Chors – und nahm somit dem Oratorium jeglichen Ansatz von Rührseligkeit und weihnachtlicher Sentimentalität.

Genau so straff hatte er das Orchester im Griff, das Bachs Lesart der Vorfreude und des Epiphaniasfestes grandios umsetzte und sich nicht von Effekten, Pauken- und Trompetenglanz des Werkes hinreißen ließ. Das führte dazu, dass die Solisten den ihnen gebührenden Raum erhielten, die Rezitative nicht im Orchester untergingen.

Glaubensgewisse Tiefe

Mit seinem schlanken, eleganten Bass begeisterte der international gefragte Sänger Thomas Dobmeier. Ob im Choral „Wie soll ich dich empfangen“, verhalten leise, oder in der Arie „Erleucht auch meine finstren Sinnen“, überzeugte Dobmeier hier besonders in den Rezitativen und Chorälen mit der Sopranistin Saskia Steinfeld. Sie verlieh diesen reich ornamentierten Arien aufschwingende Höhen und innige, glaubensgewisse Tiefe.

Der Altistin Charlotte Quadt stand die Interpretation der meisten Rezitative zu. Eine Aufgabe, die sie meisterhaft bewältigte. Mit freier, ungezwungener Interpretation nahm sie dem musikgesprochenen Wort die Strenge. Ebenso brillant, souverän und kraftvoll setzte Klaus Steppberger seinen hervorragenden Tenor für das musikalische Heilsgeschehen ein, führte er seine Stimme straff und fein artikuliert von Phrase zu Phrase, und konnte selbst in manch dramatischem Furor immer noch an Farbe gewinnen.

Chor, Orchester und Solisten gelang es, das Weihnachtsoratorium zu einem jubelnden Freudengesang, einem Glaubensdialog auszubauen, wie man es selten in solcher Präzision und Qualität hört. Es war einfach ein Genuss. Mit frenetischem Applaus dankte das Amberger Publikum für über zwei Stunden „Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage. Rühmet, was heute der Höchste getan.“