Amberger Zeitung  –  26.04.2011

Amberger Oratorienchor begeistert mit Mozart-Requiem und Pergolesis „Stabat Mater“

Amberger Oratorienchor und Sinfonieorchester boten im ausverkauften ACC ein Konzert mit Nachhall.

Der Karfreitag ist der richtige Zeitpunkt für ein Konzert, das sich ganz besonderen Werken der religiösen Musik widmet. Das wissen der Amberger Oratorienchor und das Amberger Sinfonie-Orchester mit seinem musikalischen Leiter Thomas Appel. Sie setzten Giovanni Battista Pergolesis „Stabat Mater“ und das Mozart-Requiem aufs Programm und das Amberger Congress Centrum war praktisch ausverkauft.

Ein weiterer Grund für den Publikumserfolg ist natürlich auch der hervorragende Ruf, der dem AO anhaftet. Obwohl die krankheitsbedingte Absage von Sopranistin Elaine Ortiz Arandes und Bass Thomas Dobmeier die Aufführungsvorbereitungen ganz schön belastete, wurde das Konzert auch diesmal zu einem ganz besonderen Erlebnis. Altistin Barbara Hölzl, und Tenor Klaus Steppberger, sowie die kurzfristigen Neubesetzungen Eleni Ioannidou und Wolfgang Klose hatten daran großen Anteil.

Er war noch sehr jung, dieser Giovanni Battista Pergolesi. Gerade mal 26 Jahre zählte er, als er 1736 in einem Franziskanerkloster in der Nähe von Neapel starb. Das „Stabat Mater“ machte seinen Namen unsterblich. Noch heute zählt es zu den am häufigsten aufgeführten Werken geistlicher Kompositionen.

Die beiden Sängerinnen Eleni Ioannidou und Barbara Hölzl demonstrieren in Perfektion, warum das so ist. Mit den sensibel spielenden Streichern und B.C. (Orgel) vom Amberger Sinfonie-Orchester unter dem souveränen Thomas Appel gelingt ein perfekter Klanggenuss. Der Sopran bezaubert: leicht in den lyrischen und energisch in den dramatischen Soli. Die warme Altstimme spannt scheinbar mühelos den Bogen zwischen Trauer und Dramatik. Wundervoll warmherzig, berückend schön klingen die Duette. Bewegend gesungen, berührend gespielt.

Obwohl es nur zu etwa zwei Dritteln tatsächlich von Mozart stammt, ist das Requiem eines seiner beliebtesten und am höchsten eingeschätzten Werke. Gut sechs Wochen hat er wohl an der Partitur gearbeitet. Im November 1791 wurde er plötzlich so krank, dass er die Komposition nicht mehr abschließen konnte. Dieses unvollendet gebliebene und nachträglich von seinem Schüler Süßmayr ergänzte Requiem ist und bleibt ein Mysterium. Es wurde zu seiner eigenen Totenmesse.

Thomas Appel führt das Orchester und den über 100-köpfigen Chor zu einer dynamischen Einheit. Laut und leise, Hoffen und Bangen, Zerrissenheit zwischen Verdammung, dem Jüngstem Gericht, Erlösung und Hoffnung auf das ewige Leben – der Klang ist biegsam, treffend und musikalisch überzeugend. Die Artikulation ist unheimlich reich an Varianten und Nuancen. Keine Stimme unüberlegt oder beliebig. Alles fügt sich perfekt zusammen. Der große Oratorienchor überzeugt mit (vier-) stimmiger Glanz- und Prachtentfaltung, wobei die Endlichkeit unseres Erdenwandelns auf Schritt und Tritt unüberhörbar ist. So macht sich der Zorn im wie von Furien gejagten „Dies irae“ unmittelbar breit. Das sanft ausschwingende „Lacrimosa“ öffnet die Herzen.

Absolut erstklassig, wie Chor und Orchester an einem Strang ziehen und stilistisch eine bemerkenswerte Einheitlichkeit erzielen. Mit plastischem Klang, manchmal mit überirdisch-warmem Esprit, dann wieder hart und dunkel, im Ausdruck überzeugend.

Als erstaunlich harmonisches Ensemble präsentieren sich auch die Solisten: Eleni Ioannidou (Sopran), Barbara Hölzl (Alt), Klaus Steppberger (Tenor) und Wolfgang Klose (Bass). Trotz der Kürze der gemeinsamen Probenzeiten fügen sie sich bemerkenswert gut ins Appelsche Konzept, liefern ein spannendes „Recordare“ und erreichen im Team eine fein abgestufte dynamische Flexibilität, die aufhorchen lässt.

Das war mehr als eine gute Aufführung. Das war ein Konzert mit Nachhall und Anregung zum Nachdenken. Mit langem Beifall wurde es belohnt.

Konzert in letzter Minute gerettet
Zwei Solisten sagen wegen Krankheit kurzfristig ab – Thomas Appel findet erstklassigen Ersatz

Eleni loannidou (links) und Wolfgang Klose (rechts) sprangen für das Karfreitagskonzert kurzfristig ein. Sie sangen an der Seite von Altistin Barbara Hölzl und Tenor Klaus Steppberger. Bild: Hartl

Es ist der Alptraum aller Veranstalter, wenn Solisten eines Konzerts sozusagen fünf Minuten vor zwölf ihren Auftritt wegen Erkrankung absagen müssen. So passiert beim festlichen Passionskonzert des Amberger Oratorienchores. Giovanni Battista Pergolesis „Stabat Mater“ und das Mozart-Requiem standen auf dem Programm und das ACC war praktisch ausverkauft.

Da erreichte Thomas Appel die Nachricht, dass die fest eingeplante Sopranistin Elaine Ortiz Arandes erkrankt sei. Auf ihren Vorschlag hin kontaktierte der Maestro Eleni Ioannidou und hatte Glück. Sie hatte den Termin frei und sagte zu. Ioannidou absolvierte ein Gesangsstudium von 1991 bis 1996 in Griechenland. Sie erhielt ihr Diplom mit Auszeichnung.

Mit José Carreras
In den vergangenen Jahren hatte sie viele erfolgreiche Auftritte in Italien, Deutschland und Griechenland mit Oper- und Kammermusik. Ein Höhepunkt ihrer Karriere war sicherlich 2007 die Teilnahme am Benefizkonzert für die Leukämie-Organisation des Startenors José Carreras. Die Griechin gewann außerdem jeweils den ersten Preis im Wettbewerb Velluti (2005) und Giuseppe di Stefano (2006). Ihr Auftritt in Amberg wurde nach anfänglicher Nervosität ebenfalls zu einem großen Erfolg. Ihr voller Sopran, ihre Einfühlsamkeit und großes musikalisches Gespür für Feinheiten begeisterten.

Schwieriger gestaltete sich die Suche nach einem geeigneten Bass, nachdem Thomas Dobmeier ebenfalls sehr kurzfristig eine Absage erteilen musste. Acht Stunden sei der musikalische Leiter Thomas Appel am Mittwoch am Telefon gehangen. Der Kontakt mit Wolfgang Klose (Bass) war dann endlich erfolgreich. Seine musikalischen Grundlagen erhielt Wolfgang Klose bei den Regensburger Domspatzen unter Domkapellmeister Georg Ratzinger durch zahlreiche Konzertreisen, Fernseh-, Rundfunk-, und CD-Produktionen, sowohl chorisch als auch solistisch. Er studierte Gesang und belegte Meisterkurse bei Kurt Moll. Seit 1998 ist er im Chor des Bayerischen Rundfunks festes Ensemblemitglied.

Solistisch war er im Herkulessaal der Münchener Residenz und dem Gasteig zu hören. Er trat mit Bernd Weikl in Wagners „Meistersingern“ auf. Sein Repertoire umfasst die für tiefe Bässe gängige Literatur. In Amberg brachte er sich im Mozart-Requiem als weicher, geschmeidiger Bass ein. Weniger das Volumen, mehr die Ausstrahlung und Gestaltung seiner Partie überzeugten und wiesen ihn als hervorragenden Könner aus.

Glückliches Händchen
Als Könner mit guten Nerven und einem glücklichen Händchen darf auch Thomas Appel gewürdigt werden. Nicht nur wie er den Chor, der mit Sängern aller Altersklassen aufwartet, und das Orchester zusammenschmiedet, auch wie er diese Schwierigkeit gemeistert hat, kurzfristig die neuen Solisten einzubinden, das verlangt Respekt.