Amberger Musiker überzeugen im ACC

Amberger Zeitung – 17.04.2017

Unter Leitung von Thomas Appel brachten der Amberger Oratorienchor, das Amberger Sinfonieorchester und die Solisten (v. l.) Maria Buchwieser (Sopran), Katharina Heiligtag (Alt), Victor Schierling (Tenor), Thomas Dobmeier (Bass) und Heino Buchwieser (Bass) erstmalig in Amberg die Johannespassion von Gottfried August Homilius zu Gehör. Bild: Hartl
Am Karfreitag lautet das Thema natürlich Passionsmusik. Selbstbewusst ging der Amberger Oratorienchor mit einer „Johannes-Passion“ von Gottfried August Homilius in Amberg erstmals an die Öffentlichkeit. Die Erwartungen waren dementsprechend hoch. Sie wurden mit einer empfindsamen Aufführung im ACC durchaus erfüllt.

Ein mutiges Unterfangen war es schon für den musikalischen Leiter Thomas Appel gemeinsam mit dem Amberger Oratorienchor, dem Amberger Sinfonieorchester und den Solisten unbekanntes Musik-Neuland zu betreten. Denn ehrlicherweise muss man gestehen, dass über diesen Homilius (1714 bis 1785) relativ wenig bekannt und seine Musik nicht in jedermanns Klassik-Hitliste zu finden ist. Er zählte, wie es heißt, zum begabtesten Schülerkreis von Johann Sebastian Bach und wirkte natürlich deshalb bei den Konzerten in Leipzig stets mit.

Als Musikdirektor aller drei Hauptkirchen in Dresden hatte er ein großes Arbeitspensum zu bewältigen. Dazu schuf er große Werke, die seinen Namen berühmt machten. Nach seinem Tod geriet er gründlich in Vergessenheit. Seit einiger Zeit aber ist er wieder präsent auf den Klassikkonzerten. Und das zu Recht, wie die Amberger Aufführung beweist. Er gilt heute als der bedeutendste deutschsprachige Komponist geistlicher Musik in der Zeit nach Bach für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Berührende Melodien

Die Musik illustriert und koloriert das traurig-dramatische Geschehen um Jesu Kreuzigung und Grablegung bis hin zur festlich-feierlichen Auferstehung. Chor und Orchester schwelgen in der tänzerischen, beinahe fröhlichen Musik, die zum dramatischen Höhepunkt mit ungewöhnlichem Hörnerklang auftrumpft. Die Tonsprache ist eindringlich gefühlsbetont. Die Melodien berühren unmittelbar. Der Text ist am Evangelium orientiert, überrascht aber mit eigenwilligen Kommentaren und Auslegungen, die eben aus der damaligen Zeit zu verstehen sind und sich daher heute etwas altertümlich ausnehmen.

Für den Chor hält die Passion eine Reihe von anspruchsvollen Choralsätzen wie auch eine Reihe sehr impulsiver, dramatischer Volkschöre bereit, die hohe Anforderungen an Gesang wie Konzentration stellen. Eine, wenn auch schwierige, so doch auch sehr lohnende Aufgabe, die die Sängerinnen und Sänger bestens meistern. Unter Appels Leitung singt der Chor engagiert, textbezogen und reaktionsschnell. Das Orchester (Konzertmeister: Reto Kuppel) folgt mühelos, beweist technisches Niveau und stilistische Kompetenz. Dramatische und punktgenaue Akzente setzen Julianna David mit Violoncello und Ludwig Schmitt auf der Orgel.

Im prachtvollen Choral „Gloria sei dir gesungen“ kurz vor dem Ende des ersten Teiles kosten Chor und Orchester die Möglichkeiten der Komposition voll aus. Hörnerschmettern und Jubelgesang vereinen sich „ewig in dulci jubilo“. Dagegen bekommt man Gänsehaut beim hysterisch-bösen Chorgeheul „Kreuzige“ oder „Weg mit dem – kreuzige ihn“. Der Hass der entfesselten Menge spiegelt sich im aggressiven Gesang – eine tief berührende musikalische Impression des Geschehens.

Auch die Besetzung der fünf Solostimmen ist gelungen. Leidenschaft ist das Wort, mit dem Victor Schiering als Evangelist durch den Abend führt. Er erzählt, berichtet, beobachtet. Er ist im Inneren zutiefst Beteiligter. Ihm gelingt ein überzeugender Rezitativvortrag mit bester Textverständlichkeit, die Arien bereiten ihm jedoch leichte Schwierigkeiten. Thomas Dobmeier spielt Stimme und Souveränität gekonnt aus. Als Jesus und in Arien wie „Nun kömmt die Stunde meines Leiden“ überzeugt er.

Rundes Quintett

Stilsicher bewegen sich Maria Buchwieser mit schlankem Sopran und Katharina Heiligtag mit weichem Alt. Sowohl im Duett „Wir weinen dir und deiner Tugend“ wie auch in den Arien „Wer kann den Rat der Liebe fassen“ (Alt) und „Der Sohn soll sterben“ (Sopran) gewinnen sie die Sympathien des Publikums. Der fein modellierte Bass von Heino Buchwieser rundet das Soloquintett ab.

Das Engagement und das Können aller Beteiligten hätten mehr Zuschauerresonanz verdient. Mit donnerndem Schlussapplaus würdigten die Besucher die eindrucksvolle Leistung.