Amberger Zeitung – 19.Oktober 2020

von Anke Schäfer

Seit 50 Jahren zählt der Amberger Oratorienchor zu den festen Größen der regionalen Kulturszene. Vor der Auszeichnung mit dem Kulturpreis der Stadt Amberg im November gab es aber noch etwa anderes zu feiern.

Mit einem Erinnerungsalbum gratulierte der Vorsitzende des Amberger Oratorienchors, Wolfgang Streich (rechts), Chorleiter Thomas Appel (links) zum Silbernen Dienstjubiläum. Bild: Günter Hummel

Ein Vierteljahrhundert lang lenkt nun schon Chorleiter Thomas Appel die musikalischen Geschicke des Laienensembles, das sich insbesondere mit seinen Karfreitagskonzerten und einigen Amberger Erstaufführungen einen guten Namen gemacht hat. Anlässlich des Jubiläums blickt Thomas Appel im Interview auf Höhepunkte zurück und verrät, was demnächst geplant ist:

ONETZ: Herr Appel, nach 25 Jahren am Pult des Amberger Oratorienchors: Ist Chorleiter immer noch Ihre besondere Berufung?

Thomas Appel: Auf jeden Fall! Es ist ein erfüllendes und intensives Erlebnis, nach zahllosen Arbeitsstunden ein Werk als Dirigent auf der Bühne zum Klingen zu bringen.
Dabei ist die Arbeit mit Chor und Orchester noch höchst unterschiedlich gelagert. Aus hunderten verschiedenen Facetten und Details wird dabei die Interpretation einer Komposition aus unserer 500-jährigen Musikgeschichte einmalig erzeugt.
Ich kann mir bis heute keinen besseren Beruf vorstellen. Das Studium dafür ist sehr umfangreich, anspruchsvoll und vielschichtig. Da ist es natürlich umso schöner, all das Gelernte auch anzuwenden.
Dabei habe ich aber auch das große Glück, dass ich sehr viele der großen Werke realisieren konnte, die ich mir vorgestellt habe und auch noch als Idee im Kopf mit mir herumtrage. Dafür braucht man auf der einen Seite einen gut funktionierenden Chor und auf der anderen Seite einen entsprechend engagierten Vorstand, der diese Ideen unterstützt und für das nötige wirtschaftliche Umfeld sorgt

ONETZ: Wenn Sie mal zurückblicken – an welche Höhepunkte erinnern Sie sich besonders gerne?

Thomas Appel: O, da gab es zum Glück sehr viele! Musikalisch betrachtet erinnert sich ein Dirigent natürlich gerne an sein erstes großes Konzert, wir brachten damals als Erstaufführung für Amberg ein zeitgenössisches Werk des oberpfälzischen Komponisten Ernst Kutzer zur Aufführung. Aber auch die Konzerte mit der großen c-moll-Messe von Mozart, dem Verdi-Requiem oder den Oratorien, Passionen etc. von Bach, Dvorak oder Mendelssohn haben mich tief berührt. Außerdem natürlich die spektakulären Aufführungen der Carmina burana open air teils unter strömendem Regen oder Beethovens 9. zur 10-jährigen Partnerschaft mit Desenzano waren wundervolle Höhepunkte.
Gesellschaftliche Highlights waren daneben aber auch die zahlreichen internen Chorausflüge oder die offiziellen Chorreisen zu Partnerstädten Ambergs wie Bad Bergzabern oder Desenzano del Garda. Solche auch mehrtägige Reisen stärken immens das Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl der Gruppe und sind wichtiger Bestandteil der Arbeit.

ONETZ: Gab es auch schwierige Momente?

Thomas Appel: Den schwierigsten Moment erleben wir seit März. Die Corona-Pandemie hat zunächst das ganze kulturelle Leben auf den Nullpunkt gesetzt. Etwas Derartiges hatte es vorher noch nie gegeben. Unter den jetzigen Bedingungen Chormusik zu ermöglichen, ist äußerst diffizil und herausfordernd. Neue Ideen, Kreativität und eine große Portion Beharrlichkeit ist nötig, um zurzeit ein Chorkonzert zu realisieren. Ich bin sehr gespannt, wie uns das in unserem nächsten Konzert im November gelingen wird. Davor gab es in den 24,5 Jahren selbstverständlich auch schwierige Momente, wo ich mir die Frage gestellt habe, wie soll dieses Problem gelöst werden oder welchen Weg müssen wir jetzt einschlagen… Aber in unserer Branche muss man Berufsoptimist sein, ansonsten scheitert man.

ONETZ: Und was steht für die nächsten 25 Jahre auf Ihrer Agenda für den AO?

Thomas Appel: Bei der Vorstellung auf 25 Jahre muss ich schmunzeln, denn so lange werde ich sicher nicht mehr in dieser Funktion tätig sein. Aktuell überlegen wir, wie wir unter den heutigen Umständen das Festkonzert zum 50-jährigen Bestehen des Oratorienchors umsetzen sollen. Denn unser geplantes Konzert ist wegen der Abstandsregeln nicht realisierbar. Vermutlich werden wir um ein Jahr verschieben. Aber zur Verleihung des diesjährigen Kulturpreises der Stadt Amberg wollen wir im November ein Konzert auf die Bühne bringen, dass hoffentlich sehr schön wird.
Außerdem wollen wir noch ein Partnerschaftskonzert mit unserem befreundeten Chor aus Desenzano ermöglichen und auch das ACC feiert im nächsten Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Es stehen also einige aktuelle Herausforderungen an.
Mittelfristig müssen wir natürlich die Entwicklung der derzeit bestehenden Regeln zur Grundlage unserer Planungen machen. Vermutlich wird „Corona“ das kulturelle Leben noch eine längere Zeit bestimmen.
Aber ich freue mich schon heute auf den Tag, wo wir wieder einmal mit einem Format auftreten können wie vor März 2020.